Pferdephysiotherapie
Bewegung bedeutet Leben. Wir sind verpflichtet, sie für unsere Pferde zu erhalten. - Diesen oder einen ähnlichen Satz hört man häufig, wenn man Webseiten von Physiotherapeuten besucht. Warum eigentlich?
Die Physiotherapie ist eine ganzheitliche Manualtherapie, die die Wiederherstellung und Erhaltung eines physiologischen Bewegungsablaufs anstrebt. Dabei macht sie sich die körpereigene Regenerations- und Umbaufähigkeit zu nutze und bedient sich einer breit gefächerten Anzahl von Therapiemöglichkeiten.
Letztendlich ist immer die Schmerzfreiheit des Patienten das wichtigste Ziel.

Aktive Trainingstherapie
Bevor ich verschiedene Therapiearten erläutere, die in der Physiotherapie ihre Anwendung finden, gibt es vorweg zu sagen, dass das Wichtigste bei jeder Behandlung die aktive Trainingstherapie (ATT) ist. Sie ist meist entscheidend für den Therapieerfolg, da sich jedes Körpergewebe, ob es nun Muskeln, Sehnen oder gar Nerven sind, erst mit der Zeit umbaut und nicht innerhalb einer Stunde während der Behandlung. Die Zeit zwischen den Behandlungen macht häufig den größten Unterschied aus, Therapeuten geben nur immer wieder den Anstoß in die richtige Richtung, räumen Blockaden aus dem Weg, um den physiologischen Bewegungsablauf der Pferde zu unterstützen oder gar erst möglich zu machen.
Deshalb ist es für mich sehr wichtig, meinen Patienten „Hausaufgaben“ mitzugeben, die sie bis zur nächsten Behandlung möglichst täglich durchführen sollen. Da ist dann der/die Besitzer/in gefragt. Zum Training gehören z.B. Dehnungen, Bodenarbeit, Isometrische Übungen, Aufgaben für das Reittraining und vieles mehr. Man muss als Therapeut manchmal sehr kreativ werden um den Bedürfnissen seiner Patienten gerecht zu werden. Einfache Stangenarbeit tut es da leider häufig nicht.
Gute Zusammenarbeit ist Alles! Daher stehe ich auch nach einer Behandlung immer für Fragen bezüglich der ATT zur Verfügung, schließlich ist es ebenso mein Wunsch und Ziel, dass die Therapie erfolgreich ist.



Massage
Verschiedene Massagetechniken sind eine einfache und doch unglaublich effektive Möglichkeit um Muskulatur zu durchbluten und zu entspannen, zu tonisieren und detonisieren.

Es gibt Muskeltechniken, Faszientechniken, Lymphdrainagetechniken, Vibrationsmassage und die Triggerpunktmassage um einige davon zu nennen. Gelenkige Blockaden gehen meistens mit verspannten, verkürzten oder einfach schmerzhaften Muskelpartien einher.

Bevor eine Blockade gelöst werden kann, muss die umliegende Muskulatur aufgewärmt und entspannt werden. Würde dies nicht geschehen, würden die Muskeln das Gelenk sofort wieder in die blockierte Position „zurückziehen“. Daher ist die Vorbereitung der Muskulatur bei jeder Behandlung sehr wichtig. Letztendlich ist die gute alte „Handarbeit“ immer noch das Fundament einer guten physiotherapeutischen Behandlung.

Es ist auch möglich einen reinen Massagetermin über 30 oder 60 Minuten zu buchen.

Gelenkmobilisation
Natürlich werden in der Physiotherapie nicht nur Muskeln, sondern auch gelenkige Verbindungen behandelt. Es gibt generell verschiedene Techniken um ein Gelenk zu mobilisieren. Physiotherapeutische und chiropraktische Mobilisation unterscheiden sich hauptsächlich in der Geschwindigkeit der Mobilisationsbewegung. Physiotherapeutische Mobilisation geschieht langsam, mit Haltetechniken und Wiederholungen, während es sich bei der chiropraktischen Mobilisation um eine schnelle und sehr kleine Bewegung handelt. (Siehe → Pferdechiropraktik)


Gleichgewichtstraining
Die häufig vergessene Muskulatur, ist eigentlich eine der Wichtigsten – die Tiefenmuskulatur. Oft hat man dieses Wort schon gehört, und wahrscheinlich genauso oft hat man sich gefragt: wo ist diese Tiefenmuskulatur eigentlich?
Es handelt sich bei diesem Ausdruck um ein anderes Wort für „Gleichgewichts-Muskulatur“. Die Muskeln, die segmental und unwillkürlich die Einstellung der gesamten Wirbelsäule lenken. Die Muskeln, die unseren Rumpf stabilisieren, wenn wir auf einem Bein stehen und Pferde auf Dreien. Die Muskulatur, die dafür sorgt, dass die Pferde, genauso wie wir Menchen nicht einfach bei der nächsten komplexeren Bewegung völlig desorientiert umkippen oder uns sogar die Wirbelsäule verletzen. Klingt vielleicht zunächst unglaubwürdig, Wirbelsäulenproblematiken sind bei Menschen, die viel zu viel sitzen und die Tiefenmuskulatur dadurch verkümmern lassen, aber z.B. immer häufiger der Fall.
Unseren Pferden geht es da genauso, nur dass sie auf vier Beinen unterwegs sind. Doch das Prinzip bleibt das Gleiche: eine gute Tiefenmuskulatur bedeutet eine gute Trittsicherheit, kein Schwanken unterm Sattel, kein Vertreten im Gelände, etc...

Es gibt viele Arten des Trainings, ich empfehle generell jedem häufiger mal eine Extra-Runde im unebenen Gelände einzulegen, aber eine sehr einfache und doch forcierte Art die Tiefenmuskulatur zu stimulieren und zu trainieren sind Balancepads.
Es gibt sie in verschiedenen Stärken/Schwierigkeitsgraden und mittlerweile auch für Pferde von verschiedenen Herstellern angeboten. Die Pferde entspannen sich, bauen sichtlich Stress ab, wenn sie auf den Pads stehen, und entscheiden meistens auch selbst, wann es anstrengend genug war und Schluss mit dem Training ist.
Gerade für junge Pferde sind Balancepads toll, da ihre Gelenke noch weicher sind und so anfälliger für Läsionen und Verletzungen. Die Übung mit den Pads hilft von Anfang an einen guten Gleichgewichtssinn zu entwickeln und die wichtigen kleinen Muskeln zu stärken.
Physikalische Therapien
Sehr hilfreiche Ergänzungen zur manuellen Therapie, sind physikalische Therapien. Es gibt heutzutage ein sehr breites Feld an physikalischen Behandlungsmöglichkeiten. Ich biete bisher die Magnetfeldtherapie und TENS/EMS Elektrotherapie an. Ein Lasergerät soll bald folgen.

Magnetfeldtherapie wirkt auf atomarer Ebene, das bedeutet das elektronisch erzeugte Magnetfeld beeinflusst den Drehimpuls der Atomkerne bestimmter Atome (= “Kernspin“, Kernspintomographie ist z.B. ein bildgebendes, diagnostisches Verfahren, was unter anderem durch ein sehr starkes Magnetfeld funktioniert). So kann ein schwaches Magnetfeld, wie das bei der Magnetfeldtherapie zum Einsatz kommt, eine Reaktion im Gewebe des Tieres hervorrufen. Eine Sitzung dauert ca. 20 Minuten.
Die Magnetfelddecke wird bei folgenden Anwendungsbereichen eingesetzt:
- Arthrose, Gelenkverschleiß und rheumatische Beschwerden
- Myopathien (Muskelverhärtungen)
- Anregen des Stoffwechsel und Regeneration
- Durchblutungssteigerung
- Sehnenbeschwerden
- Frakturheilungsunterstützung
- u.v.m.
Die Magnetfeldtherapie funktioniert am besten bei regelmäßiger Anwendung, daher ist es möglich die Decke für eine Wochen-Pauschale auszuleihen. Kosten auf Anfrage.

Die Elektrotherapie ist ebenfalls eine wirkungsvolle Möglichkeit der Therapiebegleitung. Es wird bei der sogenannten Reizstromtherapie zwischen der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) und der elektrischen Muskelstimulation (EMS) unterschieden.
TENS findet häufig bei akuten oder chronischen Schmerzzuständen des Patienten Anwendung. Es wirkt nach dem Prinzip der Reizüberlagerung. Die elektrischen Impulse, die das Nervengewebe erreichen, verringern oder blockieren die Schmerzreize, die eigentlich an das Gehirn gesendet werden. Die Muskulatur wird entspannt. Gleichzeitig sorgt TENS auch noch für die Steigerung der Endorphinausschüttung, was wiederum einen länger anhaltenden, schmerzlindernden Effekt hat.
EMS wird hingegen eher therapiebegleitend für den Muskelaufbau, Sehnenstärkung und bei peripheren Lähmungserscheinungen eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein passives Training der Muskelfasern und eine Stimulation der Nerven durch elektrische Impulse. Atrophierte Muskeln, die möglicherweise sogar im direkten Zusammenhang mit einer Nervenlähmung stehen, können mit der EMS und physiotherapeutischen Behandlungen wirkungsvoll trainiert und wieder aufgebaut werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung einer Lähmung ist allerdings eine Restinnervation des betroffenen Bereichs.
Sehr häufig ist z.B. die Sattellage durch unpassende Ausrüstung atrophiert und/oder hypoton, sodass eine Behandlung notwendig wird. Eine Sitzung dauert 10 - 20 Minuten, je nach Befund.
Ein Überblick über einige Indikationen für eine Reizstromtherapie:
- akute / chronische Schmerzen
- Muskelatrophien bzw. Muskelaufbau
- Sehnenbeschwerden
- periphere Lähmungserscheinungen / Paresen
- Sensibilitätsstörungen
- gestörte Wundheilung

Thermotherapie / Lichttherapie
Die Thermo- und Lichttherapie gehört ebenfalls zu den physikalischen Therapieformen.
Da man bei schmerzhaften Problematiken im Körper häufig mit Wärmeentwicklung bei Entzündungen zu tun hat, sind Kältebehandlungen häufig unabdingbar. Von den klassischen Kühlpacks, bis hin zu etwas kreativeren Eislollis oder Kaolin-Umschlägen gibt es viele Möglichkeiten.
Andersherum entspannen sich verhärtete Muskeln am liebsten durch Wärme. Trockene Wärme (Wärme-Pads oder Rotlicht) sind besonders in der kalten Jahreszeit gefragt, feuchte Wärme (heiße Rollen oder Moorpackungen) in den wärmeren Monaten. Die feuchte Wärme dringt besonders tief in die Muskulatur ein, kühlt die Haut durch die Feuchtigkeit im Nachhinein aber auch schneller wieder aus.
Lichttherapie funktioniert durch die Wellenlänge der verschiedenen Farben. Unsere Zellen reagieren unterschiedlich auf die unterschiedlichen Wellenlängen. So ist rotes Licht allgemein bekannt als durchblutungsfördernd, grünes Licht ist aber z.B. das Mittel der Wahl bei Sehnenerkrankungen, da es die Zellen stimuliert, die das Sehnengewebe erneuern.

Taping
Kinesio-Tapes sind im Trend, alles wird bunt beklebt, und viele wissen nicht, ob sie die Begeisterung um die bunten Streifen teilen sollen oder nicht. Ich kann allerdings aus persönlicher Erfahrung sagen: es funktioniert! Und auch bei den tierischen Patienten kann man häufig deutlich die positive Wirkung der Tapes beobachten.

Tapes wirken, kurz erklärt, durch die dauerhafte Stimulation der Haut. Bei Tieren über das Fell, das mit den Haarwurzeln in der Haut steckt. Durch die Dehnbarkeit des Tape-Gewebes, passt es sich den Bewegungen der Haut an und schränkt den natürlichen Bewegungsablauf nicht ein. Gleichzeitig wirkt es aber gewebestützend und aktivierend.

Indikationen für eine Tapeanlage sind u.a.:
- Muskelbeschwerden (Verspannungen, Verkürzungen, Sehnenbeschwerden)
- Beschwerden in Gelenken
- Schmerzen
- Verletzungen am Bewegungsapparat
- Lymphabflussprobleme
- Narben

Blutegel- und Phytotherapie
Obwohl die Physiotherapie hauptsächlich eine manuelle Therapie ist, so kann man sich als Therapeut trotzdem von tierischen und pflanzlichen Helfern unterstützen lassen.
Blutegel haben sich mittlerweile einen sehr guten Ruf erarbeitet. Bei chronischen oder akuten Entzündungen, eiternden oder offenen Wunden wird als erste Wahl oder letzte Hoffnung immer häufiger an die Blutegel gedacht. Die Zusammensetzung ihres Speichels wird zwar immer noch erforscht, aber fest steht schon jetzt, dass er unglaublich viele positive Eigenschaften hat. Einige davon sind:
- entzündungshemmend
- blutgerinnungshemmend
- gefäßerweiternd / durchblutungsfördernd
- antithrombotisch
Die Entzündungen werden daher beim natürlichen Aderlass wortwörtlich 'ausgeblutet'. Die Nachblutung nach dem Biss der Egel dauert bis zu 12 (selten bis 24) Stunden und wirkt wund-reinigend. (Schlachtpferde dürfen nicht mit Blutegeln behandelt werden!)
Zudem gibt es ein breites Spektrum an Pflanzen, die man zur unterstützenden Behandlung vieler Krankheitsbilder verwenden kann. Darauf liegt nicht der Fokus, ist aber eine nützliche Ergänzung.
